Im Jahr 2021 erzeugte jede Person in der EU durchschnittlich 36,1 Kilogramm Kunststoffverpackungsabfälle – eine Steigerung um etwa 29 Prozent im Vergleich zu 2010. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, die Kunststoffbranche durch strenge Vorschriften und Richtlinien zu regulieren. Die Unternehmen der Kunststoffindustrie in Deutschland sind daher mit zahlreichen rechtlichen Anforderungen konfrontiert, die sich stetig weiterentwickeln, um Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz zu gewährleisten.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Einwegkunststoffrichtlinie trat 2019 in Kraft und soll bis 2026 eine messbare Verminderung des Verbrauchs von Einweg-Kunststoff-Getränkebechern und -Lebensmittelverpackungen erreichen.
- Viele Einwegkunststoffprodukte sind gemäß des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) verboten, darunter Wattestäbchen, Besteck, Teller und Trinkhalme.
- Neue Vorschriften für Getränkeverpackungen ab 2024 schreiben vor, dass Verschlüsse und Deckel fest mit den Behältern verbunden bleiben müssen.
- Rezyklateinsatzquoten von mindestens 25% bei PET-Einwegflaschen ab 2025 und 30% bei allen Einwegflaschen ab 2030 wurden festgelegt.
- Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte müssen künftig die Kosten für Sammlung, Entsorgung und Reinigung der Abfälle übernehmen.
Überblick über die aktuelle Kunststoffregulierung in der EU
Die Europäische Union setzt in den kommenden Jahren verstärkt auf Regulierungen, um die Kunststoffproduktion und -verwendung nachhaltiger zu gestalten. Dabei stehen insbesondere die Themen Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und Umweltschutz im Fokus. Für die deutsche Kunststoffindustrie bedeuten die Änderungen erhebliche Anpassungen in Produktionsabläufen und Produktdesign.
Grundlegende Rechtliche Rahmenbedingungen
Bereits seit Jahren existieren in der EU Kunststoffverordnungen und Richtlinien, die den Umgang mit Kunststoffen regeln. Hierzu zählen etwa die Verpackungsrichtlinie, das Einwegkunststoffverbot oder die REACH-Verordnung zur Regulierung chemischer Stoffe. Nun sollen diese Regelungen weiter verschärft und um neue Vorgaben ergänzt werden.
Neue EU-Vorschriften ab 2024
Ab dem 18. Juli 2024 treten in der EU neue, weitreichende Vorschriften in Kraft. Die geplante Ökodesign-Verordnung zielt darauf ab, Produkte langlebiger, energie- und ressourceneffizienter sowie leichter reparierbar und recycelbar zu machen. Diese Regelungen haben erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Kunststoffindustrie.
Bedeutung für deutsche Unternehmen
Die Umsetzung der verschärften Kunststoffverordnungen erfordert von deutschen Unternehmen der Kunststoffbranche umfangreiche Anstrengungen. Produktionsprozesse und Produktdesign müssen an die neuen Nachhaltigkeitsanforderungen angepasst werden. Gleichzeitig stellen die Regelungen auch wirtschaftliche Herausforderungen dar, da Investitionen in neue Technologien erforderlich werden können.
Branchenregel 113-606 für die Kunststoffindustrie
Die Branchenregel 113-606 ist ein wichtiger Leitfaden für Unternehmen in der Kunststoffindustrie, insbesondere für jene, die Kunststoffprodukte durch Spritzgießen herstellen. Diese Regel konzentriert sich auf die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, indem sie spezifische Anforderungen und Schutzmaßnahmen für den Umgang mit Gefahrstoffen, Lärmbelastungen, innerbetrieblichen Transport und Arbeitsmitteln festlegt.
Ein besonderer Fokus der Branchenregel 113-606 liegt auf den Gefährdungen und erforderlichen Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Spritzgießmaschinen. Schnittverletzungen sind laut Statistiken die häufigste Unfallart in Spritzgießbetrieben, die oftmals kleine und mittlere Unternehmen mit 10 bis 50 Beschäftigten sind. Durch die Umsetzung der in der Regel festgelegten Sicherheitsvorschriften Kunststoff können Unternehmen die Kosten von Arbeitsunfällen senken und die Verfügbarkeit von Fachkräften in dieser Branche sicherstellen.
„Die Branchenregel 113-606 ist ein wichtiger Leitfaden für Unternehmen in der Kunststoffindustrie, insbesondere für jene, die Kunststoffprodukte durch Spritzgießen herstellen.“
Die Branchenregel Kunststoffindustrie 113-606 richtet sich an Unternehmer, Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte, Personal- und Betriebsräte sowie Betriebsärzte. Sie steht kostenfrei zum Download bereit und bietet umfassende Informationen zu den relevanten Sicherheitsaspekten in der Kunststoffproduktion.
Ökodesign-Verordnung und ihre Auswirkungen
Die neue EU-Ökodesign-Verordnung, die 2024 in Kraft treten wird, bringt weitreichende Veränderungen für die Kunststoffindustrie mit sich. Sie erweitert den Ansatz der bisherigen Ökodesign-Richtlinie auf eine breitere Produktpalette und legt ambitionierte Nachhaltigkeitsanforderungen fest.
Nachhaltigkeitsanforderungen an Produkte
Neben Aspekten wie Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Energieeffizienz, wird auch der Rezyklatanteil in Kunststoffprodukten eine wichtige Rolle spielen. Ziel ist es, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und den Einsatz von Sekundärrohstoffen in Nachhaltige Kunststoffprodukte zu erhöhen.
Digitaler Produktpass
Ein zentrales Element der Verordnung ist der Digitaler Produktpass, der Verbrauchern und Unternehmen umfassende Informationen über die Nachhaltigkeit der Produkte liefern soll. Damit soll die Transparenz entlang der gesamten Lieferkette erhöht werden.
Umsetzungsfristen und Übergangsperioden
Die Ökodesign-Verordnung sieht auch Maßnahmen gegen die Vernichtung unverkaufter Konsumgüter vor. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten eine Übergangszeit von sechs Jahren, um die neuen Regelungen umzusetzen.
„Die Einführung der neuen Ökodesign-Verordnung führt voraussichtlich zu einer jährlichen Einsparung von knapp 167 Terawattstunden Endenergie ab 2030 in der EU.“
Insgesamt wird die Ökodesign-Verordnung die Anforderungen an die Kunststoffproduktion deutlich erhöhen und eine Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit fördern.
Vorschriften Kunststoffindustrie im Bereich Arbeitssicherheit
Die Kunststoffindustrie unterliegt strengen Arbeitssicherheitsvorschriften, die den Umgang mit komplexen Maschinen und chemischen Prozessen regeln. Diese Vorschriften zielen darauf ab, Arbeitsunfälle zu verhindern und die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Handhabung von Gefahrstoffen, der Lärmreduzierung und der sicheren Bedienung von Spritzgießmaschinen und anderen spezialisierten Geräten. Die Branchenregel 113-606 für die Kunststoffindustrie beinhaltet detaillierte Vorgaben zu diesen Themen und soll Unternehmen dabei unterstützen, die gesetzlichen Anforderungen zur Arbeitssicherheit Kunststoffindustrie und Kunststoffsicherheit zu erfüllen.
„Die BG-Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in der Kunststoffindustrie beinhalten eine Zusammenstellung von staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, berufsgenossenschaftlichen Vorschriften, technischen Spezifikationen und Erfahrungen der berufsgenossenschaftlichen Präventionsarbeit.“
Diese Richtlinien umfassen Aspekte wie Unterweisung, Betriebsanweisungen, Koordination von Arbeiten, den Umgang mit gefährlichen Stoffen, Lärmschutz und die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung. Unternehmen müssen diese Vorgaben einhalten, um Gesundheitsrisiken für ihre Mitarbeiter zu minimieren.
REACH-Verordnung und Polymermikropartikel
Die Europäische Kommission hat eine Änderung der REACH-Verordnung vorgeschlagen, die sich auf synthetische Polymermikropartikel konzentriert. Diese winzigen Partikel, die in vielen Produkten verwendet werden, stehen im Verdacht, erhebliche Umweltauswirkungen zu haben. Die vorgeschlagenen Beschränkungen zielen darauf ab, die Freisetzung dieser Partikel in die Umwelt zu reduzieren.
Beschränkungen für synthetische Polymere
Schätzungen zufolge werden jährlich über 42.000 Tonnen absichtlich vorhandenes Mikroplastik in die Umwelt freigesetzt, was strenge Kunststoffüberwachung und Regulierungsmaßnahmen erforderlich macht. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat geschätzt, dass jährlich etwa 176.000 Tonnen Mikroplastik durch den Zerfall größerer Kunststoffe und Produkte, die absichtlich hergestellt wurden, in die Umwelt gelangen.
Umweltauswirkungen und Regulierungsmaßnahmen
Die Verordnung 2023/2055 der Europäischen Kommission zielt darauf ab, über einen Zeitraum von 20 Jahren die Freisetzung von 500.000 Tonnen synthetischer Polymermikropartikel zu verhindern, um die Plastikverschmutzung bis 2030 um 30 % zu reduzieren. Obwohl nur 2 % der Gesamtemissionen synthetischer Polymermikropartikel von der Verordnung erfasst werden, sind unerwünschte Mikroplastikpartikel in Körperpflegeprodukten ein wesentlicher Bestandteil dieses Verbots.
Die EU definiert Mikroplastik als synthetische Polymerpartikel mit einer Größe von weniger als 5 mm. Produkte, die Mikroplastik enthalten, sind unter anderem Gitter, Kosmetika, Waschmittel, Wachse, bestimmte Düngemittel, Medizinprodukte, Granulat für synthetische Sportflächen usw. Die Übergangszeiten für das Verbot des Verkaufs dieser Produkte in der EU sind in der Verordnung festgelegt und gestaffelt bis zum Jahr 2035.
Nachhaltige Produktgestaltung und Kreislaufwirtschaft
Die Europäische Union hat eine klare Strategie für nachhaltige Produkte entwickelt, um die Umwelt- und Klimaauswirkungen von Produkten, darunter auch Kunststoffprodukten, zu reduzieren. Für die Kunststoffindustrie in Deutschland bedeutet dies eine Umstellung auf Nachhaltige Kunststoffproduktion und eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft Kunststoff. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von Produkten, die länger halten, leichter zu reparieren und zu recyceln sind.
Diese Strategie ist Teil des Europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft. Bis 2030 soll die Menge an in die Umwelt freigesetztem Mikroplastik um 30% reduziert werden. Um dies zu erreichen, müssen Kunststoffverpackungen zu einem größeren Anteil recycelt werden. So ist beispielsweise für PET-Einwegflaschen bis 2025 ein Mindestanteil von 25% Recyclingmaterial vorgeschrieben, der bis 2030 auf 30% steigen soll.
Auch in Deutschland hat sich die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen in den letzten Jahren deutlich erhöht und liegt mittlerweile bei über 65%. Die Industrie ist bestrebt, diesen Trend weiter zu fördern und bis 2025 einen Anteil von 90% werkstofflich verwertbarer Haushaltsverpackungen zu erreichen. Gleichzeitig soll der durchschnittliche Rezyklateinsatz in Kunststoffprodukten auf 14% gesteigert werden.
Eine Schlüsselrolle für die Kreislaufwirtschaft spielen dabei Maßnahmen wie das Verbot bestimmter Einwegplastikprodukte sowie ein Exportverbot für nicht-sortenreinen Plastikabfall. Nur so kann sichergestellt werden, dass Kunststoffabfälle in Europa recycelt und wiederverwendet werden. Insgesamt bietet die Umstellung auf eine nachhaltigere Produktgestaltung und Kreislaufwirtschaft große Potenziale für die deutsche Kunststoffindustrie, um die Umweltbelastung zu reduzieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Qualitätssicherung und Zertifizierung in der Kunststoffproduktion
In der Kunststoffproduktion stehen Unternehmen vor einer wichtigen Herausforderung: die Gewährleistung höchster Qualitätsstandards. Strenge Vorschriften und Regulierungen erfordern eine umfassende Qualitätssicherung und Dokumentation. Regelmäßige Prüfverfahren und Zertifizierungen sind dabei unerlässlich, um die Einhaltung von Sicherheits- und Umweltstandards nachzuweisen.
Erforderliche Dokumentation
Kunststoffhersteller müssen detaillierte Dokumentationen über ihre Produktionsabläufe, Materialien und Prüfprozesse führen. Diese Unterlagen belegen die Kunststoffqualität und dienen als Nachweis gegenüber Behörden und Kunden. Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend, um die Vorgaben der neuen EU-Regularien wie der Ökodesign-Verordnung zu erfüllen.
Prüfverfahren und Standards
Um die Kunststoffzertifizierung zu erhalten, müssen Kunststoffprodukte verschiedenste Prüfungen durchlaufen. Dazu gehören Materialprüfungen, Leistungstests, Sicherheitstests und Umwelttests. Renommierte Prüfinstitute wie UL Solutions überwachen diesen Prozess und stellen international anerkannte Qualitätssiegel aus. Diese Qualitätssicherung Kunststoff ist entscheidend für den Markterfolg und die Wettbewerbsfähigkeit.
„Seit 1941 prüft UL Solutions Kunststoffe und hat viele weltweit führende Kunststoffhersteller als Kunden.“
Umfassende Qualitätssicherung und Zertifizierung sind in der Kunststoffindustrie unverzichtbar. Sie stellen sicher, dass Produkte höchste Sicherheits- und Leistungsstandards erfüllen und den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden.
Aktuelle Entwicklungen in der Kunststoffregulierung
Die Regulierung des Kunststoffsektors befindet sich in einem stetigen Wandel, mit zunehmendem Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Aktuelle Trends umfassen strengere Kontrollen von Mikroplastik, erweiterte Produzentenverantwortung sowie verstärkte Bemühungen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Die Europäische Union arbeitet an weiteren Maßnahmen, um die Verschmutzung durch Kunststoffe weiter zu reduzieren, einschließlich möglicher Verbote bestimmter Einwegprodukte und verstärkter Forschung zu biologisch abbaubaren Materialien.
Mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch spielen diese Entwicklungen eine entscheidende Rolle für die Zukunft der Kunststoffindustrie. Unternehmen müssen sich kontinuierlich an diese Veränderungen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig den steigenden Anforderungen an Kunststoffregulierung gerecht zu werden.
Ein Höhepunkt wird die geplante Verabschiedung eines rechtsverbindlichen internationalen Instruments zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung bis Ende 2024 sein. Dieses Abkommen soll sicherstellen, dass alle Hersteller weltweit die gleichen Regeln befolgen und so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kunststoffindustrie unterstützen.